Nach längerer Zeit der Trauer und Stille melden wir uns endlich zurück. Wir haben getrauert um einen gescheiterten Schulstart in 2021, um die Enttäuschung der Kinder, der Eltern und der Lernbegleiter*innen, die dieses Jahr NICHT gleichwürdig miteinander lernen dürfen. Wir haben getrauert um die viele Arbeit und Energie, die wir bis zum Schluss in die Eröffnung der REFLEKTA gesteckt haben. Wir haben getrauert um verpasste Zeiten mit unseren Lieben und Erholung. Diese Trauer brauchte Raum.

Nun sind wir mit neuer Kraft, Energie und Liebe zu unserer Vision eines gleichwürdigen Bildungsortes für Groß und Klein und Jung und Alt wieder da und möchten Euch von den vergangenen Monaten erzählen und einen Ausblick geben.

Wir freuen uns und sind dankbar, dass Ihr uns weiter bei der Schulgründung begleitet, ob aktiv im Verein, als Förderer*in, als Kinder, als Familien, als Freund*in oder als Leser*in und Unterstützer*in unserer Idee.

"Nichts ist verloren, wenn man den Mut hat, zu erklären, dass alles verloren ist und wir von vorn beginnen müssen." (Julio Cortázar)

Die letzten Monate waren verdammt hart für uns als Verein. Die Gewissheit, dass die Eröffnung der Grundschule REFLEKTA 2021 nicht klappt, hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen. So viele kleine und große Menschen hingen an der Eröffnung. Menschen, die sich dann sehr kurzfristig andere Lern- und Arbeitsorte suchen mussten. Menschen, die so viel Hoffnung in unser Gelingen gesteckt haben. :,(

Wir haben bis zum Schluss dafür gekämpft, die Eröffnung möglich zu machen. Leider erfolglos. Einige lange Wegbegleiter*innen haben daraufhin den Verein verlassen, um ihre Kraft in ihre Familien, Jobs und andere Projekte zu stecken. Begleiter*innen, die uns großartig bei unserem Vorhaben unterstützt haben. An dieser Stelle möchte wir Euch herzlich für Euer Engagement danken und sind froh darüber, dass Ihr dabei wart.

Vielleicht würden manche Menschen von einer Pechsträhne sprechen. Oder vielleicht auch, dass das Universum gerade anderes zu tun hat. Aber eigentlich ist´s einfach wirklich sehr anstrengend und unglaublich kompliziert, hier in Sachsen eine freie Schule zu gründen. Unzählige behördliche Auflagen und Abhängigkeiten, die Mensch erst einmal durchdringen muss, erschweren solch ein Vorhaben. Da ist niemand, die*der sagt, wo es lang geht. Es gibt keinen unterstützenden Leitfaden für gutes Vorankommen. Nichtsdestotrotz kommen wir voran, mal mit kleinen und mal mit großen Schritten. Wir schreiben unseren Leitfaden selbst und die letzten Inhalte könnt Ihr in den folgenden Zeilen lesen. 

„Wir dürfen weder nachlassen noch aufgeben. Wir sind es den jetzigen und zukünftigen Generationen schuldig, immer wieder aufzustehen und weiterzumachen!“ (Wangari Maathai)

Interim: Wenn Wasser die Feuerprobe nicht besteht

Zur Überbrückung der Baumaßnahmen des Zielobjekts hätte uns sogar ein tolles Interim von der Stadt Leipzig, ein derzeit nicht genutztes Schulgebäude, zur Verfügung gestanden. Jedoch hing es da dann an der ersten Wasserprobe, die nicht den Anforderungen entsprechend ausfiel. Zum damaligen Stand wären einige Erneuerungen ein Muss gewesen, um die erforderlichen Standards herzustellen. Das entspräche locker mehreren Monaten Arbeitszeit, bevor wir in das Interim hätten einziehen können. Schulen werden aber erstens nur pünktlich zum Schuljahresbeginn genehmigt – und nicht im laufenden Schuljahr. Und zweitens hätten wir das Interims-Gebäude nur beziehen dürfen, wenn mit unserem Hauptgebäude alles prima gewesen wäre. Das heißt: Wenn die Baugenehmigung vorgelegen hätte.

Das war aber – wider Erwarten – nicht der Fall.

Hauptgebäude: Weil Mauern trennen, statt zusammenführen

Im Hintergrund liefen Gespräche mit dem Bauordnungsamt (BOA). Der Fokus lag hier auf unklaren Grundstücksgrenzen und einer angrenzenden Mauer, die zum Teil einige Zentimeter (37!) auf benachbarten Grundstücken lag. „Das muss mit den Eigentümer*innen der anderen Grundstücke geklärt werden!“ – so die Auflage der Behörde. Auflagen sind Auflagen und haben sicher ihren Sinn. Also zogen Menschen des Vereins optimistisch los, um mit den Nachbar*innen ins Gespräch zu kommen. Einige waren uns wohlgesonnen und begrüßten die Idee, das Gebäude nebenan in einen gleichwürdigen Bildungsort zu verwandeln. Andere nicht. Sie wollen weder eine Schule noch eine Kita in ihrem beruhigten Wohngebiet – schließlich mindere sich dadurch der Wert ihrer Grundstücke und Häuser. Warum sollten sie dem zustimmen? Sie haben offen angekündigt, auch rechtlich gegen unser Vorhaben vorgehen zu wollen – und das, obwohl ihnen zum Teil offenbar klar ist, dass sie vor Gericht auf lange Sicht verlieren würden. Auf jeden Fall – so die Ansage – würden sie versuchen, die Realisierung unseres Projekts so lange wie möglich zu verzögern – und uns auch nach Eröffnung das Leben schwer machen. Wir waren wie vom Blitz getroffen. Enttäuscht. Wütend. Traurig. Das muss man sich einmal vorstellen! Wir konnten – und können – es einfach nicht fassen.

Streit: Wenn Recht und Freiheit verschiedene Wege gehen

Ein Gerichtsprozess wäre anstrengend, energieraubend und kräftezehrend für uns und alle am Bau beteiligten Menschen. Wo bliebe dann die Kraft für inhaltliches Arbeiten? Auch ohne rechtliche Differenzen ist es eine Mammut-Aufgabe, einen freien Bildungscampus zu gründen. Zumal wir einen sozialraumorientierten Ort schaffen wollen. Schlechte Voraussetzungen, wenn wir in der Nachbarschaft zum Teil nicht gewollt sind. Wenn wir und unsere Vision auf solche Widerstände treffen, bleibt es nicht mehr nur bei Unwohlsein. Unsere Befürchtung war nicht zuletzt auch, dass die Kinder und zukünftigen Begleiter*innen vor Ort über kurz oder lang die Leidtragenden wären… Denn: Wer möchte schon im Kita- und Schul-Alltag ständig Stress mit den Nachbarn haben?

Eigentümer: Wenn die Vision für andere verblasst

Auch der Eigentümer des Gebäudes verlor schließlich die Kraft und Möglichkeiten, weiter an dem Projekt in seinem Gebäude festzuhalten. Durch die pandemiebedingten Preissteigerungen hatten sich die Umbaukosten kalkulatorisch für ihn bereits beinahe verdoppelt. Aufgrund der fehlenden Kooperation wichtiger Nachbarparteien hätte ein Teil das Bestandsgebäudes „rückgebaut“ – also abgerissen – werden müssen. Und nicht zuletzt: Die Aussicht auf einen jahrelangen Rechtsstreit mit unsicherem Ausgang – und ohne Mieteinnahmen – ist für den Eigentümer dann auch finanziell nicht mehr tragbar gewesen.

Also beschlossen wir im Gespräch gemeinsam, die besiegelten Mietverträge schweren Herzens aufzuheben. Wir waren alle sehr traurig, denn die Planung mit einer ausgezeichneten Architektin war bereits fertig. Und alles sah so gut aus…

Auch das mussten wir innerhalb des Vereins erst einmal sacken lassen und verarbeiten. Allein die Gebäudesuche der vergangenen Jahre war ein riesiger Kraftakt für die Menschen, die sich in unserem Kreis Gebäude intensiv – neben eigenen Familien, Freunden, Jobs – damit beschäftigt und viel Zeit hineingesteckt haben.

Nun stehen wir gefühlt am Punkt Null. Oder 3 oder so. Zumindest mit Blick auf die Gebäudesituation. Es ist nun mal so: Kita und eine Schule brauchen ein Gebäude, das auch den verschiedenen Anforderungen aller beteiligten Ämter entspricht. Ohne geht’s nicht.

An dieser Stelle sei einmal kurz inne gehalten und laut ausgesprochen: An alle Unterstützer*innen, Spender*innen und vor allem an Euch liebe Familien: Es tut uns so, so leid! Wirklich!

"Wenn du scheiterst, versuche es noch einmal. Fang jedes Mal, wenn du scheiterst, von vorne an, und du wirst immer stärker werden, bis du schließlich dein Ziel erreichst.“ (Annie Sullivan)

Aber sind wir realistisch: In den vergangenen Jahren konnten wir viele Erfahrungen sammeln und uns eine Menge an (Ämter-)Wissen aneignen, das uns in Zukunft von Vorteil sein wird. Vor allem auch die konzeptuelle Arbeit im Kreis Grundschulgründung, Kreis Kita und Kreis Oberschule war weit vorangeschritten. Wir haben mit der GLS-Bank und der Software AG-Stiftung starke Partner*innen an der Seite, die uns unterstützen. Das ist unser Gewinn!

Weil wir an unserer Idee, der Gründung eines gleichwürdigen Bildungsortes für jung und alt festhalten wollen, geben wir nicht auf. Jetzt erst recht nicht! Wir möchten die Bildungslandschaft in Deutschland, speziell in Sachsen mitgestalten. Wir schauen nach vorn: Mit neuen Ideen, neuer Energie und einer guten Wissensgrundlage. Ein Quäntchen Glück gehört natürlich auch dazu. Glück, ein tolles Gebäude zu finden, in dem wir unsere Vision langfristig umsetzen können.

Aufhören ist keine Option

“Es geht nicht nur um Hoffnung und Ideen. Es geht darum, zu handeln.“ (Shirin Ebadi)

Apropos Glück: Manchmal ist das Glück im Kleinen zu finden und wird damit ganz schön groß. Es gibt Menschen im Verein, die trotz der Niederlage – und vielleicht auch eben wegen dieser – einen enormen Motivationsschub bekamen. Sie haben sich sofort in die Spur gemacht, um neue Möglichkeiten, Lösungen und Wegen zu finden. Und wer weiß: Vielleicht ist unter den Möglichkeiten, die sich bereits auftun, die passende Lösung dabei. 

Wir können noch nicht all zu viel verraten. Doch was die Suche nach einem passenden Gebäude betrifft, haben wir bereits wieder konkrete Optionen in Aussicht, die ganz neue Möglichkeiten mit sich bringen. Die verschiedenen Angebote prüfen wir momentan genau und lassen keine Informationslücken offen. Wir wollen aus der Vergangenheit lernen – und merken, dass wir in vielerlei Hinsicht „kompetenter“ geworden sind. Auch unsere künftigen Geschäftspartner*innen müssen sich auf einen Fragen-Marathon einstellen. Butter bei die Fische und Fakten auf den Tisch! Denn: Nur mit absoluter Sicherheit, dem nötige Vertrauen und der Bereitschaft aller am Prozess Beteiligten werden wir unsere – und Eure – Vision realisieren!

Seid Euch sicher: Wir bleiben dran – aber sowas von! Wir würden uns sehr freuen, Euch weiterhin dabei zu wissen. Drückt uns die Daumen, rubbelt einen Buddha-Bauch, sammelt vierblättrige Kleeblätter, schickt uns den Schornsteinfeger oder die winkende Glückskatze. Eure Glücksgedanken werden uns auf allen Wegen erreichen. 

Vielen Dank!

Bleibt gesund!

Wir rocken das!