Eine (tragische) Geschichte in fünf Kapiteln
Liebe Unterstützer:innen,
Liebe Freund:innen,
Liebe Interessierte,
einige Zeit ist vergangen, seit wir uns das letzte Mal öffentlich zum Stand unserer Gründungsprojekte geäußert haben. Von den Ursachen wollen wir heute erzählen.
Wir fallen zu Beginn gleich mit der Tür ins Haus:
Aktuell haben wir die aktive Phase der Schul- und Kita-Gründung pausiert.
Zumindest vorerst.
Was dazu führte, wie der Stand ist und wie es weitergeht, davon handelt dieser Text.

Klappentext: 4 Gründe, warum dich dein Schulgründungsversuch wahnsinnig machen wird
Für die, die nicht so viel Zeit haben, kommt hier die Kurzfassung:
Wir haben in den letzten fünf Jahren die Erfahrung machen müssen, dass eine Schul- bzw. Campusgründung in Leipzig bzw. Sachsen derzeit nicht realisierbar ist. Zumindest nicht mit unseren Ressourcen, systemkonträren Vorstellungen und (qualitativen) Ansprüchen.
Die Gründe dafür sind vielfältig, hier unsere Top 4:
- komplexe Abhängigkeiten im Genehmigungsprozess
- aktuell nicht lösbare Gebäudeproblematik
- Weltgeschehen (Pandemie und Krieg) → Kostenexplosionen, unkalkulierbare
- in der Folge: schwindenden Ressourcen im Verein
Veränderungsprozesse liegen hinter und vor uns. Ja, wir machen weiter. Aber vorerst anders.
In den kommenden Monaten werden wir zunächst kleinere Projekte realisieren, bis sich die Weltlage etwas entspannt hat.
Und nun das Ganze noch einmal in ausführlich und von Anfang an.
Prolog

Um Außenstehenden zu beschreiben, mit welchen vielfältigen und teilweise unüberwindbaren Hindernissen wir im Zuge unserer Gründungsversuche konfrontiert waren, wollen wir einzelne Aspekte herausgreifen und verständlich erklären.
Das Problem dabei ist: Die Prozesse rund um die Schulgründung sind auf eine so verworrene Art miteinander verknüpft, dass die lineare und getrennte Darstellung einzelner Faktoren der Komplexität eigentlich nicht wirklich gerecht wird.
Wir fokussieren auch deshalb erst einmal nur das Teilprojekt Schulgründung und lassen Kita und auch die große Campusidee außen vor. Ihr könnt die erwähnten Aspekte einfach verdreifachen, dann bekommt ihr eine Idee von den Kraftakten. Aber lest selbst…
Kapitel 1: Facing the facts: Wie gründet man eine Schule?

Wenn eine Gruppe ehrenamtlich engagierter Menschen beginnt, über die Eröffnung einer Schule nachzudenken, kommen zunächst einmal viele schöne Ideen zusammen:
Ein Ort, der anders sein soll als die klassischen Schulen, die man so kennt. Ein saniertes Gebäude mit viel Platz und Grün dran oder in der Nähe. Erwachsene als kreative Vermittlungskünstler:innen, die für Themen brennen und Interesse an Heranwachsenden, ihrem Leben und Lernen haben, die gut mit ihnen umgehen, ihnen gleichwürdig begegnen. So viel wie möglich raus aus der Schule! Keine Noten, keine veralteten Stoffpläne, stattdessen Lernen durch Engagement im Kiez und echte Selbstwirksamkeit erleben, von kleinauf. Mit solidarischen Finanzierungsmodellen, denn eine private Eliteschule soll es nicht werden.
Ein Konzept entsteht. Das ist gar nicht mal so schnell geschrieben, aber zusammen ist es machbar. Die schönen Vorstellungen werden auf Papier gebracht, Ideen konkretisiert, … Soweit, so schön.
Soweit, so naiv.

Vom Behördendschungel und Teufelsschlingen
Das Problem ist: An einem Schulgenehmigungsprozess (in Sachsen) sind viele verschiedene Behörden und Ansprechpartner:innen beteiligt:
- Da sind zum einen die kommunalen Behörden: Das Leipziger Schulamt und das AJuFaBi (Amt für Jugend, Familie und Bildung).
- Zum anderen die Landesbehörden auf Sachsenebene, denn Schulen sind ansich Landessache: Das LaSuB (Landesamt für Schule und Bildung) und das Landesjugendamt.
- weitere Verantwortliche, beispielsweise für Finanzen.
- Nicht zu vergessen: Baubehörden.
Am Genehmigungsprozess beteiligt sind in Sachsen grundsätzlich Schulbehörden und Jugendämter, weil Schulen und Horte nach wie vor als zwei verschiedene Einrichtungen betrachtet werden, für die zwei verschiedene Genehmigungsverfahren durchlaufen werden müssen – und für die natürlich auch unterschiedliche Anforderungen gelten. Je nach Thema und Fragestellung gibt es jeweils unterschiedliche Abteilungen, Ansprechpersonen und Zuständigkeiten.
Das macht so eine Schulgründung sehr kompliziert. Die Prozesse sind oft undurchschaubar. Eine Stelle mit gebündelten Informationen für Gründer:innen gibt es nicht.
Was wir der Fairness halber nicht unerwähnt lassen wollen: Im Gegensatz zu Gründungsinitiativen in anderen Gegenden Sachsens hatten wir beim LaSuB freundliche und unterstützende Ansprechpartner:innen. Auch von Seiten des Schulamts in Leipzig wurden wir supportet.

Hier fangen die “echten” Probleme aber erst an, denn: Für die Schul- und Hort-Genehmigung müssen zahllose Voraussetzungen bereits zu sehr frühen Zeitpunkten im Gesamtprozess erfüllt sein. Unter anderem müssen vorliegen:
- ein Mietvertrag bzw. Nutzungsgenehmigung eines Gebäudes für den Zweck Schule/Hort
- eine vollständige Kostenkalkulation (über mehrere Jahre)
- Nachweise über die vollständig abgesicherte Finanzierung
- eine genaue namentliche Übersicht der Schüler:innen / Hortkinder, mit Aufteilung pro Klasse
- eine genaue Übersicht über das dort wirkende Personal (mit Stundenzahl pro Klasse und fertigen Arbeitsverträgen)
- konkrete Stundenpläne
- … usw.
Dass all diese Aspekte notwendige Voraussetzungen für die Genehmigungen sind, ist zwar einerseits verständlich – schließlich sollte nicht jede:r ohne Weiteres mal eben schnell eine Schule eröffnen können -, allerdings führen die Genehmigungsbedingungen zu gefühlt endlosen, spiralförmigen Abhängigkeiten.
- Von den Behörden fließen grundsätzlich öffentliche Mittel an freie Schulen, aber: Weniger als Regelschulen. Ein großes Problem ist außerdem, dass Schulgründungsprojekte Gelder in den ersten drei Jahren nur anteilig ausgezahlt bekommen – die sogenannte “Wartefrist”, in der man sich als neue Schulgründung zu bewähren hat. (Dieses Geld fließt natürlich erst ab Tag der Eröffnung, keinen Tag eher.) Es gibt keine Gelder im Gründungsprozess. Dennoch müssen Räume, Materialien usw. angemessen vorhanden sein, sonst gibt’s auch keine Genehmigung. Problem: Siehe 2. und 3.
- Vermieter:innen oder Eigentümer:innen von Flächen bzw. Immobilien verlangen bereits während der Planungen und Verhandlungen Sicherheiten, dass bspw. die geplanten Projekte behördenseitig überhaupt stattfinden dürfen (sprich: eigentlich eine Genehmigung) und finanzielle Mittel zur Kostendeckung sichergestellt sind. Sonst geht die Wahrscheinlichkeit gegen Null, dass sie sich darauf einlassen… Problem: Siehe 1. und 3.
- Potenzielle Finanzgeber:innen – Banken, Stiftungen, Investor:innen – verlangen ihrerseits Sicherheiten (zum Beispiel in Form einer Schulgenehmigung) und genaue Informationen über die anfallenden Kosten und wie diese gedeckt werden sollen. Dazu gehören natürlich wesentlich die Gebäude- bzw. Mietkosten, die aber wiederum erst nach Abschluss von Mietvertragsverhandlungen überhaupt feststehen… Problem: Siehe 1. und 2.
Das heißt: Eine der beteiligten Stellen muss den ersten Schritt machen, muss der Initiative – also uns – ihr Vertrauen aussprechen, gewissermaßen einen Vorschuss gewähren.
Schon dieses Ziehen und Zerren, Bitten und Flehen frisst wahnsinnig viele Ressourcen. Hier ein “Letter of intent” – also die schriftliche Absichtserklärung von Behörden, Vermieter:innen, Banken, dass unter Vorbehalt eventuell dies und jenes geleistet werden könnte -, dort ein vorsichtiges Schreiben, da ein Rückschlag, weil im Brief “könnte” statt “kann” steht… Es ist unglaublich frustrierend. Man fühlt sich handlungsunfähig, abhängig, ohnmächtig.
Kapitel 2: Let’s do it! Wir finden ein Schulgebäude. (Oder auch nicht.)

Von lähmenden Ohnmachtsgefühlen und der Unplanbarkeit dessen, was vorgestern schon fertig sein muss
Wir können hier nicht vollständig ausbreiten, WIE viele Nerven uns die Gebäudesuche bisher gekostet hat und mit welchen Problemen wir es zu tun bekamen. Sie waren gefühlt endlos und haben einige von uns mehr als einmal an den Rand der Verzweiflung gebracht. (Wir empfehlen hierzu den Film „Morgen fängt heute an„, der einen guten Eindruck vermittelt.)
Wir waren, neben vielen möglichen Optionen, die sich aber schnell zerschlagen haben, an drei Gebäudeoptionen konkret planerisch dran, haben Zeit investiert (viel Zeit!) – und drei Mal wurde nichts draus…
- Option 1: Ein Gebäude im Leipziger Osten. Nach mehreren Begehungen und Verhandlungsterminen entschied sich der Sohn immobilienschwerer, finanzstarker Eltern aus Westdeutschland, die ihrem Kind das Gebäude als Übungsobjekt überlassen haben, dass ihm so ein Schulprojekt doch zu kompliziert ist. Letztlich lag sein Fokus auf Privatwohnungen. Ist unkomplizierter… Geld fließt schneller.
- Option 2: Ein schönes, historisches Gebäude in Böhlitz-Ehrenberg. Das Objekt wurde von einer Privatperson gekauft und sollte vor Ort durch seinen Partner saniert werden. Wir haben über die wahnsinnigen Prozesse und das wirklich schmerzhafte Scheitern an anderer Stelle bereits ausführlich berichtet. Wir sind hier beinahe alle Schritte zu Ende gegangen, haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt – und sind letztlich an einer Mauer, unwilligen Nachbar:innen und gestiegenen Kosten gescheitert. (Auch der Eigentümer wird nun Privatwohnungen aus den Räumen machen.)
- Option 3: Ein sehr großes Areal und Gebäude im Süden Leipzigs. Hier hätten wir potenziell nach und nach die gesamte Campusvision entwickeln können. Vorschläge für den Umbau wurden erstellt… erneut Herz, Hirn und jede Menge Hoffnung investiert. Vor dem Hintergrund des Kriegsbeginns in der Ukraine, schlossen die Eigentümer parallel einen Mietvertrag mit der Stadt zur Unterbringung von geflüchteten Menschen ab. (Für alle, die es interessiert: Hier findet ihr einen Artikel dazu.)
Im Prozess der Bau- und Nutzungsgenehmigungsverfahren sind wiederum unzählige verschiedene Behörden mit wieder neuen Ansprechpartner:innen involviert, Bedingungen zu erfüllen usw.
Um eine vorläufige Schulgenehmigung zu erhalten, mit der man weiterarbeiten kann, muss unter anderem die komplette Bauplanung und -genehmigung für die Schule (im Endzustand) vorliegen. Unsere Schule soll in Vollauslastung 180 Kindern Platz bieten – also mussten auch das Gebäude für diese Anzahl Kinder (+ Angestellte) zur Verfügung stehen. Nun kann man aber eine neue Organisation nicht direkt mit 180 Kindern und entsprechend vielen Mitarbeiter:innen starten. Eine neue Schule mit neuem Konzept muss langsam wachsen: Man startet mit 20 Kindern und vielleicht vier festen Mitarbeiter:innen, im zweiten Jahr 40 Kids und sechs Stellen usw.
In einem Haus, dass 180 Kinder fassen soll – und dementsprechend kostenintensiv vollständig geplant und umgebaut werden soll und für das natürlich auch die volle Miete anfällt… Schwierig. (Zumal die öffentlichen Gelder natürlich nur in Höhe der Kinder und Angestellten Mittel zahlen, die tatsächlich vier Ort sind.)
Da so ein großes Gebäude wiederum lange Zeit für den Umbau benötigt, wird außerdem ein Interim benötigt, für das aber dieselben Anforderungen gelten wie für das “richtige” Haus. Neben den Prozessen rund um das langfristige Zielobjekt haben wir also parallel zusätzlich immer auch fieberhaft an verschiedenen Interimsvarianten gearbeitet. Alte Schulen, Container-Varianten, Wohnhäuser, … Architekt:innen, Bauplaner:innen, fähige Brandschutzleute und und und… müssen bereits zu diesem sehr frühen Zeitpunkten gefunden und bezahlt werden.
Nur: Wovon eigentlich?
Kapitel 3: Yes, wie can? Geld(be)sorgen.

Das schöne Geld. Falsch angelegt! Naja, ich bin ja immerhin kein Fachmann. (Helge Schneider)
Wie oben schon erwähnt: Vor dem Tag der Eröffnung gibt es kein (!) Geld von öffentlicher Seite. Das ist verständlich, denn es geht um viel Geld und um kleine und große Menschen, die an einem sicheren Ort miteinander lernen, wirken und viel Zeit verbringe sollen. (Übrigens kostet auch die Bearbeitung der Anträge Geld, bis zu mehreren tausend Euro…)
Wenn man eine Schule gründen möchte, braucht es jedoch eigentlich im Vorfeld schon finanzielle Ressourcen. Will man das als Verein machen – zum Beispiel, weil man das zum für die ideologisch vernünftigste und vertretbarste Möglichkeit hält – hat man in der Regel nicht viel davon zur Verfügung.
Es braucht also Hilfe: Kredite, Spenden und Fördermittel aus anderen Quellen. Neben unserer Lohnarbeit und den familiären Verpflichtungen war das ein sehr zeitintensiver Punkt unserer ehrenamtlichen Arbeit. So manche Familienzeit blieb auf der Strecke. Schon um die damit einhergehenden Aufgaben abzudecken, hätten wir wahrscheinlich zwei bis drei Leute in Vollzeit anstellen und bezahlen müssen.
Gelder für einen Teil der Antragskosten haben wir hier, über betterplace.org eingeworben. (Danke an alle, die uns unterstützt haben. Wirklich: Vielen Dank!)
Unsere Partnerbank eröffnete uns im Prozess wiederum , dass wir durch die Höhe der für das Gesamtprojekt (Grund- und Oberschule) nötigen Kreditsumme – über 1 Mio. Euro – in eine höhere Risikokategorie eingeordnet werden, dadurch die Prüfung strenger ausfiele und noch bessere Absicherungen verlangt werden. Für jeden einzelnen Euro, den man von der Bank bekommt, braucht es Kleinbürgschaften (bis max. 3000 Euro pro Person). Also Menschen, die garantieren, dass sie finanziell einspringen und einen Teil des Betrags übernehmen, sollte das Projekt gegen die Wand fahren.
Mit jedem neuen Objekt, jeder Veränderung muss außerdem die auf viele Jahre angelegte Finanzplanung kleinteilig angepasst werden.
Kapitel 4: Weltkrise(n). Sonst noch was?

Vom Kalkulieren in unkalkulierbaren Zeiten…
Machen wir uns nichts vor. Eine Schule zu gründen ist wirklich immer ein Kraftakt, anstrengend, nervig, schweißtreibend. Als wäre das nicht alles problematisch genug, haben die Ereignisse in den vergangenen zwei Jahren natürlich auch unser Projekt getroffen. Überforderte Behörden, Home Office mit Kindern Zuhause und eben allgemein: Eine globale Pandemie. Die Teilung der Gesellschaft und die Frage, wo wir uns – als zukünftiger Träger einer freien Schule, einer Kita usw. – hier verorten. Der Angriff von Russland auf die Ukraine. Und in der Folge immer weiter steigende Kosten…
Die geplanten Kosten für den Umbau des Objekts in Böhlitz-Ehrenberg haben sich über die Zeit vervielfacht. Auch die Eigentümer des Objekts in Dölitz konnten angesichts unserer eher bescheidenen Preisvorstellungen vor dem Hintergrund der aktuellen Marktpreise nur müde lächeln…
Die Behörden bezahlen aber nur bestimmte Preise, haben fixe Obergrenzen und öffentliche Zuschüsse werden nicht so schnell an die Marktpreise angepasst. Die Bau- und Mietkosten schossen dermaßen schnell in die Höhe, dass uns schwindelig wurde. Kurz: Wir kamen nicht hinterher. Vor dem Hintergrund der in “Hypezig” eh kaum noch vorhandenen Freiflächen bzw. entwickelbaren Objekte wurden Verhandlungen mit Eigentümer:innen, Vermieter:innen und potenziellen Investor:innen zunehmend schwieriger. Und unsere Kalkulation funktionierte bald hinten und vorne nicht mehr.
Wo planerisch einsparen? Wir hatten bereits sämtliche Extras, die unser Konzept durchaus ausgemacht hätten, gestrichen. Am Ende hätte es jetzt die Gehälter betroffen, weil die (vermeintlich) am flexibelsten sind. Das ist nicht gut, wenn das anspruchsvolle Konzept besonders gutes Personal braucht und wir Menschen, die in Bildungseinrichtungen arbeiten, fair bezahlen wollen. Wir fingen an, immer mehr Zeitkontingente zu streichen, die Gruppengrößen nach oben zu schrauben, hätten letztlich das Schulgeld deutlich erhöhen und auf unser solidarisches Schulgeldmodell verzichten müssen.
Das hatte spätestens jetzt – auch inhaltlich – nicht mehr viel mit dem zu tun gehabt, was wir uns ursprünglich als Freie Schule REFLEKTA vorgestellt hatten… und verantworten wollen.
Kapitel 5: We dissolve. Der Domino-Effekt.

Von den Grenzen ehrenamtlichen Engagements.
Die Probleme, überfordernden und endlosen Aufgaben und wiederkehrenden Rückschläge gingen auch an unserer Gruppe nicht spurlos vorbei. Es gab heftige Erschöpfungssymptome, einige Menschen waren teilweise gefährlich nah am Burnout. Es gab Konflikte innerhalb der Gruppe und zu wenig Zeit und Kapazität, uns denen zuzuwenden.
Spätestens nach dem wirklich kurz vor knappen Scheitern im Sommer 2021 und dem Verlust unseres Traumobjekts, in das wir so viel Zeit investiert haben, verließen uns Menschen, die sich als Arbeiter:innen bereit gehalten hatten, weil sie nun – nach Monaten des hoffnungsvollen Überbrückens – wieder Geld verdienen mussten und ihre Ressourcen nicht mehr ausreichten, um auch bei uns parallel aktiv weiter mitzuarbeiten. Es war schmerzhaft, unser pädagogisches Startteam nach und nach zerbrechen zu sehen. Engagierte Eltern von Kindern, die die REFLEKTA besucht hätten, mussten anderswo unterkommen – auch ihre Motivation und Zeit für einen weiteren Anlauf reichten bald nicht mehr.
An dieser Stelle ein großes DANKE an alle Menschen, die mit Engagement, tollen Ideen, mit Herz und Leidenschaft, mit Schweiß, mit kritischen Gedanken und vor allem ihrer wertvollen Zeit dabei waren!
Wir mussten einerseits dringend Pause machen. Andererseits tat sich wieder eine neue Gebäude-Option auf. Und wir stürzten uns wieder hoffnungsfroh (aber etwas realistischer) hinein. Als uns auch diese Möglichkeit dann vor kurzem abhanden kam, dieses Mal als eine mittelbare Folge des Krieges in der Ukraine, waren wir (zu) erschöpft.
Wir müssen jetzt eingestehen: Wir können nicht mehr so weitermachen, wieder auf’s nächste Pferd setzen, wieder kämpfen… und am Ende vielleicht doch wieder von vorn anfangen. Wir sind nun faktisch zu wenig Menschen, um den beschriebenen Kraftakt zu stemmen. Wir sind jetzt gerade auch zu kraftlos, die Anzahl an Menschen reinzuholen, einzuarbeiten, bei der Stange zu halten, die es dafür bräuchte.
Als noch immer engagierte Gruppe, die etwas bewegen möchte, müssen wir nach fünf Jahren auch – wenigstens zeitweise – raus aus den lähmenden Gefühlen der Ohnmacht, gegenüber Besitzenden und Mächtigen. Die anhaltende Erfahrung, dass die Seite mit der Immobilie, mit dem Geld, mit der Entscheidungsgewalt grundsätzlich am längeren Hebel sitzt und die eigenen Handlungsspielräume verschwindend gering erscheinen, ist auf Dauer nur schwer auszuhalten.
Fortsetzung folgt...

Wie geht es jetzt weiter?
Wir halten an unseren Bedenken über den Zustand des Schul- bzw. Bildungssystems in Deutschland fest und wollen unsere Zeit und Ressourcen auch weiterhin dafür einsetzen, zu einer Transformation desselben beizutragen.
Unser langfristiges Ziel bleibt es, befreiende Bildungs- und Erfahrungsräume in Leipzig zu schaffen – zum Beispiel in Gestalt einer Bildungslandschaft mit einem Kinderhaus für junge Kinder, der freien Schule REFLEKTA und Räumen für Erwachsenenbildung und bildungspolitischen Diskurs – an möglichst einem Ort, in Leipzig.
Ziel unseres Vereins war und ist es immer auch gewesen, kleinere Projekte umzusetzen oder zu unterstützen, die ein gleichwürdiges Miteinander (Lernen) fördern. Das heißt: Wir werden jetzt vorerst kleinere Projekte fokussieren, bis sich die Lage in der Welt hoffentlich wieder etwas beruhigt hat und die Planung größerer Projekte wieder möglich ist. Welche Projekte das sein werden, erfahrt ihr nach der Sommerpause. Ihr dürft gespannt bleiben!
Außerdem möchten wir nach und nach ein neues Team aufstellen, mit kreativen Köpfen, frischer Energie, tollen Ideen und Liebe zu Bildungsthemen und Teamarbeit, denn: Das Konzept der Freien Schule #REFLEKTA ist und bleibt von den Behörden bestätigt und liegt bereit, um zum Leben erweckt zu werden! Gerade sind wir aus der Puste, aber wir holen lediglich Luft, um Anlauf zu nehmen.
Bis dahin grüßen wir euch von Herzen, danken euch für euren unermüdlichen Support und wünschen euch einen wundervollen Sommer mit euren liebsten Menschen.
Euer Team von Gleichwürdig. Miteinander. Lernen.